Ostern
Vor genau zehn Jahren an Ostern, haben Theo und ich einander unsere(n) Familien vorgestellt. Während ich auch dieses Jahr wieder bei meiner Schwester in Peppenkum Forellen essen und mit seiner Familie wandern war, hat er die Feiertage in Griechenland verbracht.
Seit rund 30 Jahren lädt der Angelsportverein Peppenkum an Karfreitag ins Feuerwehrgerätehaus zu geräucherten Forellen mit Kartoffelsalat ein. Seit meine Schwester in Peppenkum sich einen angelnden Feuerwehrmann, äh… geangelt hat, ist auch meine Familie mit von der Partie. Zumal es im Anschluss immer Kuchen gibt. Und seit Theo mit mir zusammen ist, genießt er die Vorzüge vereinsmeiernder Verwandtschaft. Weil er außerdem meinen Schwager gut leiden kann, hat er Peppenkum auch gerne mal als Zwischenziel bei seinem Fahrradtraining angesteuert. Das kam ihm jetzt zugute, denn die Alpen sind nichts, im Vergleich zu den Höhenmetern zwischen der Parr und Saarbrücken nach zwei Weizenbieren.
Die Idee, Theo eine geräucherte Forelle nach Griechenland zu schicken, haben wir nach kurzer Überlegung trotzdem verworfen – warum Fische nach Athen tragen?
Allerdings wird Theo erst zum orthodoxen Osterfest, das eine Woche nach unserem gefeiert wird, in Athen sein.
In der Zwischenzeit ließ seine eigene Passion ihn auf eine Wunderheilung hoffen – und verzweifelte Maßnahmen ergreifen: „Ich habe gerade ein Wellness-Hotel entdeckt.“ schrieb er mir an Gründonnerstag. Und schob nach, „hätte nicht gedacht, dass ich so einen Satz mal schreiben werde.“
Dazu muss man wissen, dass Theo im wahren Leben jeglicher Institutionalisierung misstraut, sei es von Religion (Kirche), Beziehung (Ehe) oder Entspannung (Wellness). Eine Ausnahme bildet die Institutionalisierung gesellschaftlichen Lebens, insbesondere in Kombination mit Essen und Trinken (Vereine).
Umso erstaunter war ich, als mein Liebster ankündigte, vier Tage in einem Luxusressort mit Spa-Bereich entspannen zu wollen. Noch mehr, als er dann von Heilwasser schrieb, das den Außenpool des Wellnesstempels füllen soll.
Es war Theo zudem so eilig, dort hin zu kommen, dass er, trotz erneuten Schnee-Einbruchs, in zwei Tagen 250 Kilometer schaffte und dabei die Thermopylen sowie die Metéora-Klöster kaum eines Blickes würdigte.
An Ostersonntag, ich kraxelte mit Theos Familie über den Vaubansteig in Richtung Teufelsburg – Sonnenschein und Picknick inklusive – offenbarte sich uns der Grund für seinen österlichen Sinneswandel: „War gerade zweimal in dem Heilwasserpool – in der Hoffnung, dass mein Hintern heilt.“ So profan sind manche Wandlungen.
Nach mittlerweile 3000 Kilometern geht es Theos Fahrrad übrigens ähnlich wie ihm selbst: der Hinterreifen ist schwer in Mitleidenschaft gezogen. In Athen wird Theo bleiben, bis er passenden Ersatz gefunden hat. Genug Zeit also für geräucherten Fisch und weitere Wunder.