Begegnungen
Das Beste am Alleinreisen, finde ich, sind die Begegnungen. Gerade bin ich mit meiner Freundin Bine im Südfrankreichurlaub. Das bisher interessanteste Zusammentreffen war das mit einem deutschsprechenden Marktverkäufer. Der fütterte uns solange mit Käse- und Wurstspezialitäten an, bis wir, im Geschmacksdelirium, Waren im Wert eines Fünf-Gänge-Menüs kauften. Ansonsten verlangt es meine Freundin und mich auch gar nicht nach weiterer Reisegesellschaft, eine bessere als einander könnten wir hier sowieso nicht finden.
Anders bei Theo. Seine treuste Begleitung ist die Kamera, in die er spricht.
Umso offener der Blick für spannende, unerwartete Treffen und Überraschungen:
Als er zum Beispiel letztens den Berg Richtung Antalya hoch gefahren ist, wurde er oben am Kliff von Maxime begrüßt, einem Radfahrer aus Straßburg, den er vorher auf einem Campingplatz kennengelernt hatte. Dieser fährt eine ähnliche Route wie Theo, aber mit der Challenge, unterwegs alle Weltkulturerbe abzufahren. Die beiden haben sich nun zu einer Fahrradtour in Saarbrücken nach ihrer Rückkehr verabredet.
In Antalya angekommen, hat Theo festgestellt, dass die von der Buchungsapp vorgeschlagenen Hotels nichts taugten. Er muss daraufhin etwas hilflos herumgestanden haben, denn, so erzählt Theo mir am Telefon: „Da kam eine ältere Lady angeschlappt und fragte auf Englisch, ob sie helfen kann. Sie führte mich zu einem Hotel um die Ecke, das ist günstig und sie selbst ist gerne da.“ Die Dame heißt Yvonne, ist 78 Jahre alt, aus Holland und in ihrem Leben viel gereist. Neben unseren europäischen Nachbarn trifft Theo in der Ferne auch immer wieder auf das Saarland. Einmal wurde er von einer Gruppe älterer Männer zum Çay eingeladen, von denen dann der eine erzählte, dass er „in Saarbrigge uff de Berufsschul“ war.
Kurz darauf war Theo abends einen Trinken: mit zwei radfahrenden Ulmern und einem Moritz aus Riegelsberg, der in Antalya studiert.
Man sieht, Getränke sind in der Türkei wie überall exzellente soziales Schmiermittel. Tagesüber hilft Tee dabei die Sprachbarrieren zu überwinden, abends Bier oder etwas Stärkeres, die Netzwerke zu stärken.
In Demre haben Sami und seine Männer vom Wasserwerk Theo bei Raki und Schafskopfsuppe für die Baustelle am nächsten Tag engagiert. Das Ganze sah dann so aus, dass die Bauarbeiter für Wasserversorgung und Mittagessen sorgten und Theo dafür, dass alles auf Foto und Video festgehalten wurde.
Auch hier saarländische Verhältnisse: Der Bauunternehmer vom Wasserwerk hat mit dem Hotelbesitzer, bei dem Theo ein paar Kilometer weiter eincheckte, in Jena studiert.
Je weiter er nun in den Osten kommt, desto mehr werden Theos Begegnungen nicht nur dem Austausch dienen, sondern auch das erfolgreiche Weiterkommen beeinflussen: Hotelapps spielen mittlerweile keine Rolle mehr, Unterkünfte und auch Campingplätze sind dünner gesäät. Und nicht nur das. Die „Cycling Frogs“, drei Radreisende, mit denen Theo in Kontakt ist, auch Franzosen, hatten im Landesinnere mehrere Tage Probleme mit der Lebensmittelversorgung. Gerettet hat sie die türkische Gastfreundschaft. Ein Glück, dass sie nicht stattdessen einem provenzalischen Käsehändler begegnet sind. Es wäre sie teuer zu stehen gekommen.